Nikotin wirkt bereits auf der Zunge

Nikotin wirkt bereits auf der Zunge

Die Geschmacksknospen der Zunge enthalten Andockstellen für Nikotin. Die Abhängigkeit beginnt daher nicht erst im Gehirn, sondern schon im Mund.

Forscher aus Portugal und den USA haben 2014 erstmals Nikotinrezeptoren im Mund entdeckt, was neue Wege zur Bekämpfung der Tabaksucht eröffnet. Die Rezeptoren auf der Zunge könnten sogar eine entscheidende Rolle bei der Nikotinabhängigkeit spielen, so die Studie unter der Leitung von Albino J. Oliveira-Maia von der Universität Porto.

Unverwechselbarer Geschmack

An bestimmten Stellen auf der Zunge löst Tabakrauch ein einzigartiges Geschmacksempfinden aus, das eine entscheidende Rolle bei der Entstehung der Nikotinabhängigkeit spielt. Wissenschaftler haben in einer Studie an Mäusen und Ratten entdeckt, dass die Rezeptoren, die dieses Empfinden auslösen, völlig unabhängig vom normalen Geschmackssinn arbeiten. Sollte sich herausstellen, dass Nikotin beim Menschen ähnlich wirkt, könnten Wirkstoffe zur Bekämpfung der Nikotinsucht direkt auf die Zunge aufgetragen werden. Dieses Verfahren erscheint den Forschern vielversprechender als herkömmliche Methoden.

Gutes Gefühl im Gehirn

Die bisherige Theorie zur Entstehung der Nikotinabhängigkeit besagt, dass inhaliertes Nikotin von der Lunge über die Blutbahn ins Gehirn gelangt, wo es an Rezeptoren namens nAChRs andockt. Dadurch wird die Ausschüttung von verschiedenen Botenstoffen, einschließlich Dopamin, ausgelöst. Dieser Neurotransmitter löst über das Belohnungszentrum ein angenehmes Gefühl aus, das letztendlich zur Abhängigkeit führt.

Forscher vermuten jedoch schon länger, dass neben diesem klassischen Weg auch der Geschmack von Nikotin zur Entstehung der Sucht beiträgt. Zum Beispiel sind Menschen, die sehr empfindlich auf bittere Substanzen reagieren, überdurchschnittlich häufig Nichtraucher. Darüber hinaus verschwindet das Verlangen nach Nikotin bei starken Rauchern, wenn eine bestimmte Hirnregion für das Geschmacksempfinden verletzt wird.

Quelle: Albino Oliveira-Maia und sein Team im Fachmagazin „PNAS“.